Cinderella (USA, UK 2015)

Walt Disney

Worum geht es?

Der Film "Cinderella" (Disney, 2015) handelt von einem Mädchen namens Ella und ihrem Leben. Ella lebt die ersten Jahre ihres Lebens mit ihren Eltern zufrieden in einem Bauernhaus. Als sie noch relativ jung ist, verstirbt ihre Mutter sehr plötzlich. Ihr Vater, ein Kaufmann, lernt nach einigen Jahren auf einer seiner Reisen eine Witwe kennen, die ebenfalls mit ihren zwei Töchtern alleine lebt. Sie ziehen gemeinsam in das Bauernhaus und leben dort als Familie. Als Ellas Vater auf einer Geschäftsreise ebenfalls verstirbt, nutzt die Stiefmutter Ella fort an als Magd. Bei einem Ausritt lernt Ella den Prinzen kennen, der von seinem todkranken Vater zu einer Heirat genötigt wird. Zu diesem Anlass wird ein Ball ausgerichtet, den Ella, verzaubert von einer Fee, besucht. Sie trifft erneut auf den Prinzen, der sich in sie verliebt. Nach dem Tod des Königs verkündigt der Prinz, er möchte das Mädchen vom Ball heiraten. Ella wird jedoch von ihrer Stiefmutter unter Druck gesetzt, sich dem Prinzen nicht zu zeigen. Nach einer Suche im ganzen Königreich nach dem Mädchen, dem der gläserne Schuh passt, findet der Prinz Ella letztendlich. Sie heiraten und die Stiefmutter und ihre Töchter verlassen das Königreich.

Mit welchen medialen Inszenierungstechniken erzählt das Märchen?

Die Geschichte wird von einer auktorialen Erzählerin präsentiert. Der Film startet mit einer Vorstellung der Geschichte und der Personen durch die Erzählerin. Während des Films überwiegt das Gesprochene der Figuren, jedoch gibt es immer wieder Zwischenkommentare und einige Szenen werden durch sie eingeleitet. Außerdem übernimmt die Erzählerin immer wieder die Sicht der verschiedenen Figuren und stellt deren Gefühlslage dar. Dadurch führt sie den Zuschauer durch die Geschichte und das Innenleben der Figuren. Am Ende wird die Geschichte noch einmal von der auktorialen Erzählerin übernommen, die sich als die gute Fee Ellas herausstellt und das weitere Leben erzählt. Obwohl sie in gewisser Weise ein Teil der Geschichte ist, hat sie eine allwissende Rolle als Erzählerin. 

 

Die Kameraführung wechselt zwischen einer Vogelperspektive, der Sicht der Figuren und der Sicht eines Außenstehenden. Die Vogelperspektive wird besonders für Landschaftsaufnahmen genutzt, die eine prächtige Natur zeigen, wie beispielsweise das Grundstück des Bauernhauses (siehe Abb. 1), das Meer oder die reichlich bestückten Wälder des Königreichs. Neben den Naturaufnahmen gibt es auch viele Szenen, in denen Tiere eine große Rolle spielen. Dadurch vermittelt der Film eine heimatliche Atmosphäre. Zwischendurch sieht man einige Szenen aus der Sicht einer der Figuren. Beispielsweise lässt sich die Szene, wo die gute Fee die Kutsche zaubert, aus der Sicht von Ella beobachten. Beim Zuschauer wird dadurch ein Gefühl erzeugt, dass man es selbst erleben würde, was dabei hilft, sich besser in die Rolle hineinzuversetzen. 

Abb. 1 Cinderella (2015), Screenshot (00:02:36)

Abb. 2 Cinderella (2015), Screenshot (00:57:30)

Der gesamte Film arbeitet mit einer großen Farbvielfalt und vor allem mit sehr ausdrucksstarken und warmen Farben. Es lassen sich immer wieder Farbschemen erkennen, wie beispielsweise, dass Ella meistens blaue Kleider trägt, die farblich zu dem Königsblau des Prinzen passen. Dadurch lässt sich von Beginn an eine Zusammengehörigkeit erkennen. Die Stiefmutter und die Stiefschwestern tragen stattdessen "beißende" Farben, wie Neonorange, Giftgrün oder Senfgelb. Um dem Film eine gewisse Magie zu verleihen, wird oft mit Funkeln und Glitzer gearbeitet. Die Kleider, das Schloss, die Ballszene und die Szene mit der guten Fee enthalten viele goldene und silberne Details. Außerdem ist die ganze Kulisse sehr pracht- und prunkvoll gestaltet (siehe Abb. 2). 


Dadurch, dass der ganze Film sehr bunt ist, bildet sich ein sehr großer Kontrast zu den wenigen düsteren Szenen. Zwischen der Szene des Balls und des Wiedersehens von Ella und dem Prinzen wirkt alles sehr gelblich und düster (siehe Abb. 3 & 4). Durch die Veränderung der Farben wirkt die Atmosphäre angespannt und aufgeladen. Auch in der Szene, wo der Tod des Vaters von Ella bekannt gegeben wird, legt sich ein grauer, düsterer Schleier über die davor so bunte Filmkulisse.

Die Musik wirkt ebenso unterstützend auf die Vermittlung der Atmosphäre. Nahezu jede Szene ist mit einer passenden Melodie versehen, wobei sich erkennen lässt, dass bei Szenen mit wiederkehrenden Personen auch dieselbe Musik verwendet wurde. Treten Ella und der Prinz zusammen in einer Szene auf, so wird dies meistens mit dem Klang eines Streichorchesters untermalt, was eine beruhigende Stimmung vermittelt. Die Wahl der Musik ist an das Zeitalter angepasst, in dem der Film spielt, was dazu beiträgt, dass es altertümlich wirkt.

Der Film ist sowohl für Kinder als auch für Erwachsene sehr ansprechend. Er ist nicht sehr komplex aufgebaut, weswegen er für jede Zuschauerschaft verständlich ist. Für Kinder die Problematiken sichtbar, aber nicht unbedingt auf die gleiche Weise zugänglich wie für Erwachsene.  Außerdem ist es durch die Erzählerin nicht nötig, sich in die Figuren hineinzuversetzen, weil sie die Gefühle versprachlicht und offen für den Zuschauer kommuniziert. Jugendliche und Erwachsene können bei einer Liebesgeschichte mitfiebern und nehmen auch die anspruchsvolleren Themen, wie beispielsweise den Verlust der Eltern wahr, den beide Protagonisten durchlaufen.


Abb. 3 Cinderella (2015), Screenshot (01:16:42)

Abb. 4 Cinderella (2015), Screenshot (01:16:51)

Wie wird die Geschichte verändert?

Der Film "Cinderella" basiert auf dem Märchen "Aschenputtel" der Brüder Grimm. Der Name des Films leitet sich durch das französische Wort für Asche ab und dem Namen der Protagonistin. 

Da es sich bei dem Film um einen Kinderfilm handelt, ist er weniger brutal als der Märchentext gestaltet. Während sich im Märchen die beiden Stiefschwestern jeweils einen Teil des Fußes abhacken und ihnen am Ende als Strafe die Augen von Tauben ausgepickt werden, ist es im Film so dargestellt, dass ihnen der Schuh nur nicht passt und sie nach ihrem Scheitern gemeinsam mit ihrer Mutter das Königreich verlassen. Dies ist der Fall, da der Film dadurch um einiges kindgerechter wird.

Außerdem ist der Film etwas realitätsnäher als der Text, da die Tiere nur in dem Moment sprechen können, in dem sie von der guten Fee verwandelt wurden. Vorher sind es einfach nur zutrauliche Tiere, die sich auch meistens fast wie gewöhnliche Tiere verhalten. Das einzig wirklich Übernatürliche im Film sind die Fee und ihre Zauber. 

Im Text spielen die Tauben eine sehr große Rolle, da sie die Geschichte in die richtige Richtung leiten. Die Tauben sind ausschlaggebend dafür, dass Aschenputtel auf den Ball kann, da sie ihr bei der Arbeit helfen. Außerdem weisen sie den Prinzen zweimal darauf hin, dass er die falsche Braut hat und letztendlich rächen sie Aschenputtel auch, indem sie die Stiefschwestern bestrafen. Im Film spielen die Tiere zwar insgesamt eine große Rolle, da sie immer präsent sind, jedoch sind sie keine Wegleiter der Geschichte. Nur am Ende des Films sind die Mäuse dafür verantwortlich, dass Ella von dem Hauptmann des Prinzen entdeckt wird. 

Eine wichtige Rolle spielen im Märchen auch die Mutter und ihr Tod. Das Grab der Mutter ist ein Ort, an den Aschenputtel immer wieder zurückkehrt und an dem etwas Magisches passiert. Die Rolle der Fee, die es im Film gibt, existiert im Märchentext nicht. Dort bekommt sie die Ballkleider von dem Baum auf dem Grab ihrer Mutter, der jedoch auch etwas Magisches hat, da er durch Aschenputtels Tränen gewachsen ist. 

Während Ella beide Elternteile verliert, stirbt bei Aschenputtel nur die Mutter. Der Vater wendet sich durch den Einfluss seiner Frau von seiner Tochter ab und vernachlässigt sie. Der Tod ist einfacher nachzuvollziehen als das Verstoßen der Konder ihrer eigenen Eltern. 

Auch im Königshaus gibt es einige Unterschiede. Im Prätext lernt man nur den König und den Prinzen kennen, während im Film auch der Hofstaat auftritt. Dabei spielt der Großherzog sogar eine wichtige Rolle, da er zusammen mit der Stiefmutter und den Stiefschwestern als Antagonist auftritt.


Wie erkennt man die Verbindung zum Prätext?

Bei Cinderella handelt es sich um eine moderne Adaption des Märchens Aschenputtel (Grimm & Grimm, 1986).

Das Grundgerüst des Märchentextes und des Films ist sehr ähnlich. Ein tugendhaftes Mädchen, welches immer moralisch korrekt handelt, erleidet mehrere Schicksalsschläge, von denen sie sich nicht unterkriegen lässt. Sie trifft auf einen Prinzen, die beiden verlieben sich und heiraten am Ende. Die Persönlichkeiten der Figuren bleiben ebenfalls nahezu unverändert. Im Film sowie im Text, handelt es sich bei Aschenputtel beziehungsweise Ella um ein Mädchen mit einem reinen Herzen, das niemals ihre Freundlichkeit verliert und stets selbstlos handelt.  Der namenlose Prinz, der im Film den Spitznamen Kit erhält, sucht in beiden Geschichten eine Braut. Er ist treu, gutherzig und von dem ersten Moment an in seine zukünftige Braut verliebt. Die Stiefmutter und die Stiefschwestern bilden in beiden Stücken die Antagonisten. Die einzige Rolle, die eine veränderte Persönlichkeit hat, ist der Vater von Aschenputtel, da er in dem Prätext von einem guten Vater zu einem grausamen wird, der sein eigenes Kind verstößt. 

Die Herleitung des Namens von Aschenputtel beziehungsweise Cinderella ist ebenfalls die gleiche. Das Mädchen, das in der Asche schläft und deshalb auch mit dieser beschmutzt ist, bekommt einen speziellen erniedrigenden Namen.

Die Schlüsselszenen sind ebenfalls im Text als auch im Film enthalten. Dazu gehören der Tod der Mutter, das Leben mit der Stiefmutter und den Stiefschwestern, das Erhalten des Ballkleides auf eine magische Art und Weise, der Ball, das Verlieren des Schuhs, die Suche des Prinzen nach dem geheimnisvollen Mädchen sowie die darauffolgende Hochzeit. Lediglich die Nebenhandlung wurde verändert, ausgeschmückt oder modernisiert.

Das für Aschenputtel typische und bekannte Motiv des Schuhverlierens ist ebenfalls in "Cinderella" wiederzufinden. Auch wenn es kleine Abänderungen gibt, unter welchen Umständen der Schuh verloren wird, ist es dennoch ausschlaggebend und für die weitere Geschichte entscheidend, dass er verloren wird. 

Trotz einiger Unterschiede gibt es auch viele Wiedererkennungsmerkmale zwischen den beiden Werken, die deutlich machen, dass der Film eindeutig auf dem Märchentext von Aschenputtel basiert.


Quellen